Hebertshausen, Oktober 2021

Wer sich die alten Fotos vom Kalterbach anschaut, traut seinen Augen kaum. Dieser breit in der Landschaft fließende Bach mit den vielen Nebengewässern soll unser schnurgerader und eingetieft durchs Gelände fließende Kalterbach sein? Er ist es tatsächlich. Dem Betrachter wird auch klar: Diesen ehemaligen Zustand werden wir sicher nicht mehr erreichen. Dazu hat sich das Dachauer Moos durch Torfabbau und Entwässerung in den letzten 150 Jahren zu sehr verändert. Aber dennoch kann viel für die Artenvielfalt im und an diesem Fließgewässer getan werden.

Es war ein Glücksfall, dass die Gemeinde Hebertshausen direkt angrenzend am Bach eine Fläche besitzt. Ein weiterer Glücksfall waren die Eigentümer der Nachbarfläche - die Familie Hoffmann aus Hackermoos. Denn nur mit dem Einverständnis der Grundeigentümer lässt sich eine so umfangreiche Maßnahme verwirklichen. Und tatsächlich waren die Gemeinde als auch die Familie Hoffmann durchweg begeistert, als der Verein Dachauer Moos Ihnen den Vorschlag machte, den Kalterbach auf Ihren Grundstücken zu renaturieren.

Gesagt, getan. Da der Kalterbach Teil des europäischen Schutzgebietssystems NATURA-2000 ist und in diesem FFH-Gebiet die vom Aussterben bedrohte Helm-Azurjungfer sowie weitere stark gefährdete Libellenarten leben, wurden die Kosten der Renaturierungsmaßnahme in Höhe von rund 35.000 € mit 90% von der Regierung von Oberbayern gefördert. Die verbliebenen 10 % der Kosten übernahm der Verein Dachauer Moos als Maßnahmenträger. Die erforderlichen Planungen zur gewässerrechtlichen Genehmigung wurden vom Landkreis Dachau über eigenstaatliche Mittel des Naturschutzes finanziert.

Mit dem Gewässerökologen und Naturschutzbeauftragen der Gemeinde Hebertshausen - Herrn Dr. Baars stand auch ein ausgewiesener Spezialist und Ortskenner des Kalterbachs bereit. Seit über 20 Jahren plant er für den Verein Dachauer Moos und für Landschaftspflegeverband mehrere Renaturierungsmaßnahmen am Kalterbach, die heute als best-practice Beispiel der Artenhilfsmaßnahmen für die Helm-Azurjungfer gelten.

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Dr. Baars weist ein

Auch diesmal plante er für den Verein die Renaturierungsmaßnahme mit Gumpen, Uferaufweitungen, einer vermoorten Mulde und zwei Bachausleitungen mit Inseln auf rund 300m Uferlänge. Es wurde sonnige Flachwasserzonen konzipiert, in denen die Lieblingslaichpflanze der Libellen, die Berle, wachsen kann. An den neu entstandenen Ufern werden Pfeifengraswiesen und Hochstaudenfluren entwickelt, die einstmals bachtypische, heute aber seltene und geschützte Lebensräume sind. Mit der vermoorten Mulde wird ein kleines, aber feines Stück Moos wiederhergestellt und dort seltene Pflanzen, wie der Kriechende Sellerie, angesiedelt. Unterstände in den neuen Gewässern bieten Fischen, wie der unscheinbaren Rote-Liste 2-Art „Schneider“ Unterschlupf und somit Verstecke vor Fressfeinden wie dem Komoran oder dem Gänsesäger. Diese ökologisch umfassende Planung überzeugte auch das Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt sowie die Regierung, die in rekordverdächtiger Zeit die Genehmigungen erteilten und Förderungen bewilligten.

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Eine der beiden Bachausleitungen mit Flachwasserzonen und Gumpe

 

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Uferaufweitung mit Flachufer für Hochstaudenfluren und Pfeifengraswiesen

Nach dem verregneten August konnte Mitte September mit dem Bau begonnen werden. Die Profis der Firma Wurzer Umwelttechnik übernahmen dabei die Gewässerbauarbeiten. Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie ein riesiger Moorbagger die feinen Modellierungsarbeiten an den Ufern durchführen kann. Die ökologische Bauaufsicht wurde dabei von Dr. Baars und dem Fischereiberechtigten dieses Kalterbachabschnittes, Andreas Fritsch, übernommen. Der ausgekofferte Kies wurde von der Gemeinde Hebertshausen, dem Obergrashof und örtlichen Landwirten abgenommen, die damit ihre landwirtschaftlichen Wege wieder herrichten. Der Humus wurde von der Gärtnerei Obergrashof und Landwirten auf benachbarte Wiesen verstreut und somit umwelt- und klimagerecht verwertet. Abschließend wurden die Uferbereiche mit heimischen, speziell für den Standort zusammen gestellten Saatgutmischungen der Familie Krimmer („Samen und Pflanzen für naturnahes Grün“) angesät. Die in den kommenden Jahren erforderliche Entwicklungspflege der Renaturierungsbereiche übernimmt der Verein Dachauer Moos e.V..

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Beim Modellieren der Flachufer

 

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Die vermoorte Mulde entsteht

 

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Baumstämme und Äste bieten schützende Unterstände für Fische

Alle Beteiligten sind sich einig: Die Renaturierungsmaßnahme ist ein voller Erfolg bei dem viele Zahnrädchen ineinander griffen. Herr Bürgermeister Reischl hofft nun, dass diese Maßnahme viele weitere Grundstücksanlieger am Kalterbach überzeugt, derartigen Renaturierungen zuzustimmen.

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Bürgermeister Reischl beim Inspizieren der Baumaßnahme

Zurzeit steht der Verein Dachauer Moos e.V. mit der Regierung und dem Wasserwirtschaftsamt in Verbindung, um weitere Renaturierungsmaßnahmen in dem durch mehrere Kommunen und Landkreise fließenden Kalterbach zu verwirklichen.